Starnberger Hefte 12: krank

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Krank sein. Das leuchtet aus der Kindheit als ein rohes Frankfurter Würstchen, das Gelb einer Banane, das freundliche Gesicht der Mutter. Im Augenspiel mit den Stäben eines Gitterbetts die Erfahrung, dass Dinge durchsichtig werden können. Jahrzehnte später auch: sich sinken lassen, Abschied von Familie und Berufsalltag auf unbestimmte Zeit, Baumwipfel, gesehen durch das Fenster des Krankenwagens aus liegender Position. Morphium. Der wehmütige Blick aus dem Fenster des Rehabilitationsspitals auf einen Läufer, der mit lockeren Schritten eine Allee durchmisst, während dir der Arzt das Schwimmen verbietet und lediglich Steh-Wasserball erlaubt. Das begeisterte Klappern der Knieoperierten mit ihren Krücken, wenn sie im Auditorium der Klinik ein Bundesligaspiel auf der Großleinwand verfolgen.

Noch heißt »krank« ja nicht »todkrank«, noch schließt es Neubeginn, Heilung, Genesung mit ein: »Im Wartezimmer, wo ich noch etwas sitzen musste, bevor mich Doktor Berger holen kam, nahm ich mir vor, nach meiner Wiederherstellung ein bisschen anders zu leben, ein bisschen flüssiger und katzenhafter, ich nahm mir vor, die Grenze zwischen Phantasie und Tat durchlässiger zu machen und wenigstens, vielleicht in einem ersten Schritt, all jene Fesseln zu sprengen, mit denen ich mich selbst gebunden hatte.« (Markus Werner, Bis bald, S. 135)

Im Heft:

  • N.N.: Als ich einmal krank war
  • Patricia Czezior: Puls
  • Eva Ueber: Kinderkrankheiten
  • Erika Schalper: Unterzucker
  • Inge Geissinger: Kleiner Vogel Traurigkeit
  • Christian Galata: Stationäre Aufnahme
  • Julia Jückstock: Zwei Seiten
  • Katharina Huys: Mörder, Hoffnung der Frauen. Oskar Kokoschka und das vorexpressionistische Drama
  • Sebastian Gruben: Schöne Frau
  • Sabine Holocher: Über Henning Mankells Roman »Kennedys Hirn«
  • Sarah-Janina Hannemann: Routineeingriff
  • Fabian Müller: Traktoren
  • Julia Behr: Ich habs ja gesagt
  • Johannes Schmied: Das ist er doch. Hypochondrie und Pillen in Thomas Glavinic‘ Roman »Das bin doch ich«
  • Stephan Friedrich: Alter nutzen
  • Christine Adler: Die Patin von Zöcking
  • Barbara Müller-Funk: Es ist alles geregelt
  • Gudrun Pfister: Bruder Tag