Archiv des Autors: Susanne Quester

Starnberger Hefte 23: über alle Berge

Während der Vorbereitung dieses Hefts ging unserer Mini-Redaktion ein Aphorismus unseres Autors Roger Schöntag nicht aus dem Sinn. In seinem jüngsten Buch „Stromschnellen“ schreibt er: Alpinismus, Reisen, Wissenschaft und Literatur – die vier Säulen des Müßiggängers. Natürlich, als Romanist denkt er an das lateinische Wort „otium“: ein Müßiggang, der keinen materiellen Gewinn abwirft, aber durchaus mit Anstrengungen verbunden ist, die man jedoch nicht als Belastung empfindet. So verhält es sich auch mit den Bergfahrten und Bergerlebnissen, für viele eine der Säulen ihrer Lebensfreude. Menschen, die in Bergtälern aufwachsen, können die Verhältnisse natürlich auch anders erleben: Enge und Rückständigkeit, unsichtbare Zäune.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 21: Beim Friseur

Cover

Nach dem ersten Naserümpfen über das allzu triviale Thema flossen die Beiträge reichlich. Ein Besuch beim Friseur – das ist zunächst ein Schritt aus der Wohnung in die Gesellschaft, in die Muße des Beobachtens, ins Gespräch. Man greift zur Illustrierten. Ein Blick aus den Augenwinkeln zum benachbarten Drehstuhl: Ist das nicht die ehemalige Ministerin? Außerdem ist das Thema global: Dauerwellen am Gelben Fluss, der Geruch von verbranntem Horn beim türkischen Friseur. Es hat auch seine juristische Seite: Haareschneiden als potentielle Körperverletzung. Und es reicht in die Tiefe biblischer Mythen. Simson sagt zur schönen Delila: „Wenn ich geschoren würde, so wiche meine Kraft von mir …“ (Richter 16,17; s. unser Titelbild). Nicht zuletzt bilden Friseurbesuche eine Erinnerungs-Kette, die zurück in die Kindheit führt.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 20: Zeit Reise

Cover

Worzu dienet das studieren/
als zu lauter vngemach?
Vnter dessen laufft die Bach
Vnsers lebens das wir fuͤhren/
Ehe wir es innen werden/
Auff ihr letztes Ende hin;
Dann kömpt (ohne Geist und Sinn)
Dieses alles in die erden.

Ganz im Gegensatz zu dieser Strophe von Martin Opitz wollen wir uns in diesem Heft – bei allem Respekt ‒ nicht der Unerbittlichkeit des Zeitstroms und dem Novembergefühl der Vergänglichkeit überlassen. Vielmehr nutzen wir die Kraft der Imagination, um auf dem Flusslauf der Zeit hin und her zu navigieren. Wir suchen die Stromschnellen auf, wo „Vorher“ und „Nachher“ sich scheiden. Einige recherchieren an den Quellen ihres „Lebensbachs“. Eine bairische Prinzessin der Merowingerzeit durchquert auf der Flucht vor den Franken die Alpen. Wir schauen archäologischen Restauratoren auf die Finger, wenn sie mit Glas und Eisen hantieren, und begutachten die Bilder, die sich Biologen und Künstler von unseren frühmenschlichen Ahnen machen. Wir steigen in Zeitmaschinen, paddeln einfach auf der Luftmatratze der Erinnerung oder stehen am Ufer und warten.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 19: Projekte

Cover

Bei der Suche nach einem verbindenden Motto kamen wir auf „Projekte“. Das Wort leitet sich von lat. proiectum ab und steht für „das vorwärts Hingeworfene oder Ausgestreckte“. Projekte sind Pläne, Vorhaben, Entwürfe. Gemeinsam ist ihnen das in die Zukunft Gerichtete, Offene, aber auch das Risiko des Scheiterns. Andererseits meinte eine Studentin: „Wenn du einen glücklichen Menschen siehst, dann hat er sicher ein Projekt.“

Weiterlesen

Starnberger Hefte 16: abgelegene Gehöfte

Cover

Unter dem Motto »abgelegene Gehöfte« geht es in diesem Heft um Randzonen, einsame Wanderungen, um den Besuch von Räumen, wo die Zeit stehengeblieben ist. Oft sind es Kindheitsorte, manchmal nur eine Dachterrasse (span.: azotea) in Starnberg, dann wieder ein abgelegenes Bergdorf wie Aucapata in Bolivien. Es kann auch ein bukolischer Garten sein wie das Schlösschen Rösselberg, wo sich im Lauf eines Jahres Bärlauch- und Quittenduft ablösen. Die schöne Leere des Wanderns führt zur Begegnung mit Grashüpfern oder füllt sich mit dem Verlangen nach der früheren Geliebten eines Freunds. – Die eskapistische Idylle bleibt nicht unberührt, wird aufgerissen durch Düsenjäger, Begegnungen mit dem Elend und überraschende Wahlergebnisse.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 15: geschichtet

Cover

Mit dem Motto hatten wir Schwierigkeiten. Es sollte im Heft vor allem um Starnberg und seine jüngere Geschichte gehen. Zwischen Aldi und Tengelmann – das wäre zu despektierlich. Perle am See – zu ironisch. Kleinstadt – nichtssagend. Geschichte und Geschichten – ein Allerweltstitel. Die Lösung brachte Felix Strasser (Berg und Berlin) mit dem Text geschichtet, einem Aphorismus über das Wesen der Geschichte.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 14: Kinderjahre

Cover14

Cover

Theodor Fontane ist mit dem Alterswerk »Meine Kinderjahre« der Pate für die Dezember-Ausgabe der Starnberger Hefte. Ausgebreitet werden Kindheitserinnerungen zwischen Klosterschule und DDR, Schiebewurst der 50er-Jahre und Computerspiel-Besessenheit. Dabei wird die Zeitspanne der Kinderjahre vom Sandkasten bis zum Abiturstreich ausgeweitet. Historische Grundlagen liefert ein Essay von Wolfgang Schwalbe über Kindheit in der Antike.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 13: denkende Krapfen

Cover13

Cover

Chayenne Perusko, Simon Weinhart, Simon Schnitzler, Jannis Lange, Lotta Döbler, Vanessa Lange, Daniela Kolbeck, Laura Wunderlich – unser Inhaltsverzeichnis enthält viele neue Namen junger Talente aus dem Literaturzirkel Freies Schreiben am Gymnasium Starnberg, betreut von Thomas Maier-Bandomer. Aus diesem Kreis stammt das ambitionierte Thema »denken«. Es geht ums Nachdenken über den ersten Satz, über Beziehungen und Begegnungen (etwa in den Gedichten der Abiturientin Nicola Klingbeil), ums Ausdenken ungewöhnlicher Geschichten: verliebte Einkaufswagen, monologisierendes Schmalzgebäck, das zum Motto »denkende Krapfen« inspirierte.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 12: krank

Cover12

Cover

Krank sein. Das leuchtet aus der Kindheit als ein rohes Frankfurter Würstchen, das Gelb einer Banane, das freundliche Gesicht der Mutter. Im Augenspiel mit den Stäben eines Gitterbetts die Erfahrung, dass Dinge durchsichtig werden können. Jahrzehnte später auch: sich sinken lassen, Abschied von Familie und Berufsalltag auf unbestimmte Zeit, Baumwipfel, gesehen durch das Fenster des Krankenwagens aus liegender Position. Morphium. Der wehmütige Blick aus dem Fenster des Rehabilitationsspitals auf einen Läufer, der mit lockeren Schritten eine Allee durchmisst, während dir der Arzt das Schwimmen verbietet und lediglich Steh-Wasserball erlaubt. Das begeisterte Klappern der Knieoperierten mit ihren Krücken, wenn sie im Auditorium der Klinik ein Bundesligaspiel auf der Großleinwand verfolgen.

Weiterlesen

Starnberger Hefte 11: nach Osten

Cover11

Cover

Zwischen Enge und Weite pulsierend, wenden sich die Starnberger Hefte diesmal wieder ins Weite, nach Osten. Lebensgeschichtlich geht es um Räume der Imagination, lange durch den Eisernen Vorhang abgeschnitten, gegenwärtig etwa in der Russlandromantik von Pfadfinderliedern wie: Durch die Straßen treibt der tolle Sturm den Schnee. Welcher Kitzel war damit verbunden, 1960 als Dreizehnjähriger mit einer von der Mutter genähten schwarzen Persianer-Pelzmütze in die Schule zu kommen!

Weiterlesen